Asmahan Al-Rubaye

Ich gebe nie auf!

Im Jahr 2017 bin ich mit meinem kranken Ehemann und meinen fünf Kindern in die Schweiz gekommen. Zuerst waren wir mit anderen Familien in einem Heim in Bern untergebracht. Es war für mich nicht einfach, denn wir hatten nur zwei Zimmer und mussten das Badezimmer und die Küche mit anderen Familien teilen. Ausserdem war das Heim lärmig, chaotisch und es gab viele Kinder. Man hatte keinen Platz für seine Privatsphäre.

Als ich in die Schweiz kam, erstaunte mich die Natur, die Sicherheit und Ruhe am meisten. Was mir hier am besten gefallen hat, ist die Art und Weise, wie die Menschen leben. Sie sind sehr lebhaft und auch die älteren Menschen bleiben aktiv.

Solange wir im Heim geblieben sind, durften meine Kinder nicht zur Schule gehen und mussten warten, bis wir eine eigene Wohnung hatten. Für eine grosse Familie ohne Arbeit ist es sehr schwierig eine Wohnung zu finden. Nach einem Jahr hatten wir eine Unterkunft im Dorf Meikirch gefunden. Der Vermieter war gleichzeitig unser Nachbar. Er war streng und wollte nicht, dass mein Mann auf dem Balkon raucht. Er kündigte uns und deshalb mussten wir nochmals in eine andere Wohnung umziehen. Dieses Mal war die Wohnung gross, schön und nah von Bern. Leider mussten wir auch diese Wohnung bald verlassen, da sie total renoviert wurde. Deshalb sind wir noch einmal umgezogen. Wir haben im Moment eine Wohnung, aber sie hat zwei Nachteile: Erstens haben wir einen Boiler, der viel Geld kostet und zweitens leben in unserem Gebäude viele Kinder, die laut spielen und schreien. Das stört meinen kranken Mann.

Ich lebe nun seit vier Jahren in der Schweiz und habe es geschafft bis Niveau B2 Deutsch zu lernen. Ich habe das entsprechende Zertifikat (telc B2). Mein Ziel ist es das Niveau C1 zu erreichen und meine Deutschkenntnisse weiter zu verbessern.

Seit ich in der Schweiz bin, strenge ich mich an, um mich zu integrieren. Das ist nicht einfach, da es viele Hindernisse gibt, zum Beispiel mein Alter (ich bin 48 Jahre alt), die Sprache und die gesamte Instabilität.

Ursprünglich wohnte ich in Bagdad. Bagdad ist die Hauptstadt des Iraks und das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Landes. In Bagdad gibt es wichtige Universitäten, Theater, Denkmäler und ein pulsierendes kulturelles Leben. Das Leben war dort echt frei im Gegensatz zu den Gegenden im Nord- und Süd-Irak. Die Leute sind in diesen Gegenden verschlossen, konservativ und abweisend gegenüber Fremden. Es war für mich nicht einfach, mich in diesen Gegenden zu integrieren, obwohl ich mich im eigenen Land befand und die Leute die gleiche Sprache sprechen. Entweder verlassen die Menschen ihr Heimatland freiwillig oder sie werden dazu gezwungen.

Ich habe mein Heimatland wegen der Kriege, der Unsicherheit und der Instabilität verlassen. Vor allem hatte ich Sorgen um meine Kinder. Ich wollte, dass meine Kinder an einem sicheren Ort leben. Aus diesem Grund bin ich an viele Orte gezogen. Zuerst lebte ich in fast allen Teilen des Iraks, dann sechs Jahre in Syrien. Dort habe ich mich beim UNHCR als Asylbewerberin angemeldet und konnte endlich mit meiner Familie in die Schweiz kommen.

Mein Lebensweg war schwierig und voller Gefahren, aber ich versuchte immer stark zu bleiben und ich gebe nie auf.

Ich wünsche mir, dass alle in Frieden, mit Liebe und ohne Diskriminierung leben können, egal aus welchem Land jemand kommt oder an welche Religion sie glauben. Ich wünschte mir, ich könnte bei einer Kinderrechtsorganisation arbeiten, um den betroffenen Kindern zu helfen. Ich wünschte, ich wäre jünger, um noch viele Möglichkeiten zu haben, um zu arbeiten und zu studieren.

Für meine Kinder wünsche ich, dass sie eine gute Ausbildung mit Lehre oder Studium machen können und eine erfüllende Arbeit finden. Ich hoffe, dass sie ihre Träume verwirklichen können.

Obwohl mein Leben schwer ist und viel Härte enthält, gilt für mich das Sprichwort: Nichts ist mit menschlichem Willen unmöglich.

 

Ich entdeckte das Wandern und vieles mehr…

Als ich vor vier Jahren in die Schweiz kam, verstand ich kein Wort, da wir im Irak nur Englisch als Fremdsprache lernen und die arabische Sprache mit anderen Buchstaben geschrieben wird. In den ersten Monaten brauchten wir einen Dolmetscher, wenn wir zum Beispiel beim Arzt oder beim Schweizerischen Roten Kreuz einen Termin hatten. Tatsächlich konnten wir nach kurzer Zeit ohne einen Dolmetscher zu unseren Terminen gehen, da wir von einer Übersetzung sprachlich unabhängig sein wollten. Ich wollte und will selbstständig sein.

Ich habe rasch das Niveau B2 absolviert und dann die Ausbildung als interkulturelle Dolmetscherin absolviert. Diese Ausbildung hat nicht nur einen theoretischen Teil erfordert, sondern auch einen praktischen Teil, weshalb ich freiwillig gearbeitet habe.

Meine Nachbarin hatte einen Termin bei der Kirchgemeinde Zollikofen und brauchte eine Dolmetscherin. Ich habe ihr sprachlich geholfen. Am Ende des Gespräches hatte die Angestellte meiner Nachbarin verschiedene Flyer gegeben. Sie sagte: Das könnte Sie vielleicht interessieren. Dabei war der Flyer Wandern für alle. Ich habe sie gefragt, ob ich auch einen Flyer nehmen könne. Dann habe ich alles durchgelesen und danach Frau Barbara kontaktiert. Das war für mich neu und ich wollte das Wanderprogramm ausprobieren, da ich keine Ahnung habe, wie so eine Organisation läuft, wie viele Personen teilnehmen und was man dabei lernen kann.

Was mich in der Schweiz erstaunt ist, dass das Land sehr klein ist und vier offizielle Landessprachen hat. Was mir am besten gefällt ist, dass die Menschen hier hart und gewissenhaft arbeiten und die älteren Personen, die in Rente gehen, aktiv und hilfreich leben, indem sie einen freiwilligen Einsatz leisten und anderen Migranten und Migrantinnen helfen.

Es gibt hier viele nützliche Programme wie zum Beispiel: Wandern für alle, Bern Café und viele andere Orte, wo man kostenlos einen Deutschkurs besuchen kann.

In diesen Projekten nehmen Pensionierte teil und stellen ihre freiwilligen Dienste kostenlos zur Verfügung, damit viele Menschen von ihrem Wissen und ihren Erfahrungen profitieren. Meine persönliche Meinung dazu ist, dass diese Veranstaltungen und Aktivitäten sehr sinnvoll und interessant sind, da ich mich einerseits mit anderen Teilnehmenden austauschen kann und ich andererseits meine Deutschkenntnisse im Lauf der Zeit verbessern kann.

Ein weiterer Punkt, der mir in der Schweiz speziell gefällt ist, dass jede und jeder sowohl Pflichten wie Rechte hat. Ich finde, dass das schweizerische Bildungssystem zu den besten Bildungssystemen der Welt gehört. Es könnte vielen Ländern als Vorbild dienen. Die Schülerinnen und Schüler haben viele Möglichkeiten und Wege zu studieren, da ihnen eine Unterstützung angeboten wird. Sie erhalten immer Beratung von Fachleuten bis sie einen Ausbildungsplatz bekommen oder einen Job finden.

Was mir auch sehr gefällt ist die Landschaft der Schweiz. Sie ist traumhaft schön. Die Schweiz ist das schönste Land der Welt, da sie eine zauberhafte Natur hat.

Ich habe bisher an zwei Wanderungen teilgenommen und es war wirklich wunderbar. Auf diesen Wanderungen kann man viele positive Dinge herausfinden. Zuerst kann man andere Menschen und Kulturen aus verschiedenen Ländern kennenlernen. Zweitens kann man die Natur geniessen. Durch die bezaubernde Umgebung, die schöne Landschaft und den erholsamen Wald gewinnen wir eine positive Energie und können die negative Wut loswerden. Ausserdem kann man durch diese Gruppenwanderungen die Sprache verbessern. Einerseits hat man die Gelegenheit, sich mit schweizerischen Menschen zu unterhalten und andererseits kann man mit den anderen Teilnehmenden Deutsch sprechen. Natürlich ist das Gespräch nur auf Deutsch. Das ist ein grosser Vorteil.

Ich war zwar nur zweimal bei diesem Wanderungsprogramm aber ich habe so viel mitgenommen. Das erste Mal war ich bei einem Waldspaziergang. Ehrlich gesagt, habe ich vorher nie lange Spaziergänge gemacht, da ich dachte, lange Zeit zu laufen sei langweilig und anstrengend. Aber das stimmt überhaupt nicht. Die Wanderung hat Spass gemacht und die Zeit ging schnell vorbei. Ausserdem macht Sport an der frischen Luft gesund.

Das zweite Mal waren wir Eislaufen. Tatsächlich habe ich diesen Sport mein Leben lang noch nie ausprobiert. Ich wusste nicht, ob ich auf dem Eis mit Schlittschuhen stehen kann. Trotzdem habe ich es mit Barbaras und Gabys Hilfe versucht. Ich war nicht die Einzige, die diese Sportart nicht kannte, denn in unserer Gruppe kannten fast alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer diese Sportart nicht.

Am Ende der Aktivität haben fast alle diesen Sport gelernt und wir werden weiter üben. Es war eine sehr schöne Erfahrung, die mir grosse Freude bereitet.

Asmahan Al-Rubaye